News > Herausforderung „Linienverkehr im Gütertransport“

Bis heute war für mich der Ausdruck Linienverkehr verbunden mit Bahn, Bus und Passagieren. Dass es aber auch im Güterverkehr einen gut organisierten Linienverkehr in der Schweiz gibt, das wusste ich nicht. Um etwas genauer über dieses Thema informiert zu werden und diese Informationen an die breite Öffentlichkeit tragen zu können habe ich mich am 15. März 2013 um 18.30 Uhr mit meinem Fahrer Sepp Bamert getroffen und ihn während seinem sieben stündigen Einsatz im Liniendienst begleitet.
Vom Linienverkehr spricht man, wenn eine Route mit gleichen Lade- und Entladestationen fahrplanmässig befahren wird. Ein typischer Kunde in diesem Segment ist in der Schweiz die Post. Die Herausforderung für den Transporteur ist, dass die befahrenen Linien während dem ganzen Jahr zuverlässig aufrechterhalten und den Wünschen des Kunden zeitlich gerecht geworden wird. Wie beim Personen-Linienverkehr wird auch im Gütertransport ein Fahrzeug durch mehrere Personen geführt. Somit kann das Fahrzeug im Verlauf des Tages optimal eingesetzt und ausgelastet werden. Auch für den Chauffeur öffnen sich neue Horizonte. Doch dazu kommen wir später.
Um 18.30 Uhr traf ich mich also mit Sepp an der Stauffacherstrasse. Hier stand unser MAN samt Auflieger mit 34 Tonnen Gesamtgewicht welches dem Transportunternehmen Roland Thomi AG gehört. Er hat sich unter anderem dem Linienverkehr für die Schweizer Post verschrieben. Bei einem kurzer Rundgang um das Fahrzeug überzeugte sich Sepp, ob alles im grünen Beriech war. Die Pneus waren noch leicht warm, was darauf hinwies, dass das Fahrzeug noch nicht allzu lange stand. Mir wurde ein oranges Warn-Gilet ausgehändigt, mit der Erklärung, dass das sowohl auf der Strasse wie später auch in der Sortieranlage in Härkingen für optimale Sicherheit sorgen würde.
So ausgerüstet stieg ich also in die Kabine hoch wo wir als erstes die nötigen Informationen über unsere geplante Fahrt vom Kontrollgerät (Scanner) entgegen nehmen konnten. Oberstes Gebot eines Fahrers im Liniendienst ist einerseits die Einhaltung der ARV und andererseits das zeitlich genaue Anfahren der verschiedenen Lade-/Entladestationen gemäss dem festgelegten „Fahrplan“. Wir würden heute zuerst in Ostermundigen den Auflieger mit Postrollis gefüllt mit unsortierten Briefsendungen beladen und nach Härkingen ins Sortierzentrum bringen. Danach war eine Ladung Leergut von Härkingen zu der Druckerei Stämpfli in Ostermundigen geplant. Von dort aus sollte es wieder zur Post in Ostermundigen gehen, wo die zweite Ladung unsortierter Sendungen für Härkingen auf uns warten würde. Dort war eine halbe Stunde Pause eingeplant, während welcher die angelieferten Briefe sortiert und dann wieder für den Rücktransport nach Bern bereitgestellt wurden. Die Anlieferung dieser Ladung war für 2 Uhr morgens geplant, denn schlussendlich sollten die Briefe pünktlich am nächsten Morgen bei den Empfängern landen.
-          Genau fixierte Arbeitszeiten ohne Konfliktpotenzial mit dem ARV (bei guter Disposition)
-          Möglichkeit zur Wahl der Fahrzeit, da der Liniendienst mit mehreren Fahrern geteilt wird (bedingt auch eine gute Disposition)
-          Optimale Voraussetzung auch für Fahrerinnen, welche ein Teilpensum ausfüllen möchten (bedingt auch hier wieder eine gute Disposition)
-          Leerfahrten auf ein Minimum reduziert (Disposition)
-          Optimale Auslastung der Fahrzeugflotte
-          Usw.
Fazit: Ein guter Liniendienst benötigt neben zuverlässigen und motivierten Fahrer/Fahrerinnen sowie eine professionell geführte Disposition.
 
Währende der zwei Rotationen zwischen Bern und Härkingen habe ich die verschiedenen Raststellen entlang der Autobahn A1 beobachtet. Dabei ist mir aufgefallen, dass alle mehr oder weniger überbelegt waren mit LKW’s auf Achse. Teilweise sah man Fahrzeuge welche gefährlich nahe oder im Einfahrtsprofil einer Raststätte oder einem Parkplatz abgestellt waren. Das zeigte mir wie prekär die Situation im Bereich nächtlicher Parkmöglichkeiten für Lastwagen in der Schweiz ist. Erfreulicherweise werden in den nächsten Monaten zwischen Bern- Mühleberg und Kerzers weitere Lastwagenparkplätze entstehen. Offenbar hat man in Bern erkannt, dass nicht nur auf die Einhaltung der Arbeits- und Ruhezeitverordnung gepocht werden kann. Hoffen wir es werden noch weitere solche Projekte folgen, denn mehr Lastwagenparkplätze entlang den Autobahnen sind schon seit Jahren in unseren Berufskreisen ein viel diskutiertes Thema.
Nachdem Sepp unser Fahrzeug gekonnt beim zugewiesenen Lade Tor angedockt hatte hiess es für uns die Rollis im Inneren des Auflegers sicher zu verladen. Auch für diese Arbeit ist die Zeit genau vorgegeben. Je effizienter der Ladevorgang ist umso kleiner ist der Stress auf der Strasse beim Einhalten der Fahrzeit. Einmal on the Road konnte der Tempomat auf 85 km/h gesetzt werden. Falls auf der Strecke kein Stau auf uns wartete, würden wir die Ladung in ca. 50 Minuten am vorgesehenen Tor in Härkingen abliefern. Während dieser Zeit habe ich von Sepp vieles aus dem Alltag eines Fahrers erfahren und ich sah die Vorteile für einen Fahrer im Linienverkehr:
 
Nun, wir lieferten unsere letzte Ladung um fast 2 Uhr morgen pünktlich ab. Dank der Einhaltung des Fahrplans der von uns befahrenen Linie konnten alle Beteiligten ihre Aufgaben und Arbeiten zeitgerecht beendigen oder weiterführen. Dies zeigte mir, wie wichtig es für den Fahrer im Liniendienst ist, genau und speditiv zu fahren und zu arbeiten. Ich denke aber, dass diese Herausforderung von jedem Fahrer jeder Fahrerin mit gutem Willen und positiver Einstellung zur Arbeit problemlos gemeistert werden kann.
Nach vollendetem Parkdienst haben wir unser Fahrzeug an der Stauffacherstrasse abgestellt und machten uns müde aber von der geleisteten Arbeit (Sepp) respektive von den gemachten Erfahrungen (der Schreiber) befriedigt auf den Heimweg.
Bericht und Fotos Markus Rothenbühler



Veröffentlicht am
10:48:41 29.05.2013